Schon bei den Ausstellungvorbereitungen wurde ich oft gefragt: Wo findet man Fächer? Aus welchem Material wurden sie hergestellt? Wer malte fächer, wer verkaufte sie?
Hier ist eine "FAQ" Liste ("frequently asked questions" oder "oft gefragte Fragen"), die ein wenig Einblick ins Fächer-Wissen geben soll:
Wer
hat Fächer gemalt?
Im 18.
Jahrhundert waren das vor allem Frauen. Die Fächer von Boucher und Watteau sind
leider meist Fächer nach Boucher und
Watteau. Die Frauen kopierten oder spezialisierten sich auf Personen, Blumen,
Randornamente etc. Fächer wurden nicht signiert. Erst in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts beginnen sich Maler für
das halbrunde Format zu interessieren. Fächer von Gauguin, Manet, BertheMorisot, Degas, Toulouse-Lautrec sind bekannt, später auch Georges de Feure,
Kokoschka und Klimt (der Holzbriséfächer oft als Abschiedsgeschenk an Geliebte bemalte). Vor allem aber sind es Illustratoren und Modezeichner, die
Anfang des 20. Jahrhunderts Fächer entwerfen: George Barbier, Paul Iribe,
Georges Lepape, Bernard Boutet de Monvel, um nur einige zu nennen. Sie
designten gleichzeitig Mode für die Pariser Couturiers (die dann in
Modezeitschriften wie “Journal des Dames et de la Mode” in
Luxus-Pochoir-Drucken verbreitet wurden), Schmuck, Theater-, Varieté- und
Filmkostüme, Klaviernoten, Menükarten, oder sie entwarfen auch Möbel wie Iribe.
Wer
hat Fächer hergestellt?
Am Anfang, das
heisst, im 16. Jahrhundert, waren dies meist Ledererzeuger und Parfumeure, oft
aus Italien. Der Grund dafür ist, dass Fächer des 17. Jhdts. oft aus Haut
(Leder), das auch parfümiert war, erzeugt wurden. Catherina von Medici brachte
sie nach Paris, wo sie 1673 von König Ludwig XIV. als Gilde der Fächermacher
(“Eventaillistes”) eingetragen wurden. In London dekretierte Queen Anne die
“Worshipful company of fan makers” die bis heute existiert. Fächermacher lassen
das Blatt malen und setzen alle Teile zusammen. Die Stäbe wurden meist von
Kunstschreinern ausgeführt, die in Frankreich im Oise-Tal ansässig waren. Durch
die Aufhebung des Ediktes von Nantes wurden Protestanten in Frankreich (wieder)
verfolgt. Viele Handwerker, darunter auch Fächermacher, flohen nach England
oder Holland und bauten dort eine Fächerindustrie auf. In den Gebieten des
heutigen Deutschland und der österreichischen Monarchie gab es im 18. Jhdt. nur
vereinzelt “Waderlmacher” (von “Wedel”), in der 2. Hälfte des 19. Jhdts. entstanden
Fächerproduktionen in Berlin, Dresden, und München, und vor allem in Wien
(Schmuck-Fächer, Holzbriséfächer, Lederfächer). Im 19. Jahrhundert waren in
Paris Duvelleroy und Alexandre die Hoflieferanten der Monarchen Europas.
Interessanterweise
spielte die Fächerproduktion bis Ende des 19. Jahrhunderts in Spanien nur eine
lokale Rolle. Prestigeträchtige Fächer wurden aus Paris importiert.
Werbefächer
wurden oft von Druckereien hergestellt, wobei Frankreich an der Spitze lag: Der
weitaus grösste Produzent von Werbefächern war “Chambrelent”; Federfächer wurden
von Federschmückern hergestellt, wobei Gestelle oft von Kammmachern in
Heimarbeit produziert wurden.
Welche
Fächerarten gibt es? Wie heissen die einzelnen Teile?
Aus welchem Material wurden (Falt)Fächer
hergestellt ?
Man muss zwischen den Stäben
(Gestell) und dem Blatt unterscheiden (obwohl es auch
Fächer gibt, die nur aus Stäben bestehen, sog. Brisé-Fächer).
STÄBE
Traditionell wurde für
europäische Stäbe Elfenbein und Schildpatt verwendet, bald auch das
billigere Bein oder Holz (Obstbaumholz, später auch
exotische Hölzer). In China und Japan wird fast ausschliesslich Bambus verwendet
– ausser für Exportfächer, für die wieder Luxusmaterial verarbeitet wurde. Perlmutter wird im 18. Jahrhundert
zunächst meist nur als Dekorationselement appliziert. Dann aber lernte man, die
Stäbe zu einem Ganzen zu stückeln, sodass ganze Gestelle aus Perlmutter möglich
wurden. Ab 1800 wurde auch Horn verwendet, das oft wie Schildpatt eingefärbt
wurde, um das wertvollere Material vorzutäuschen. Ende des 19. Jahrhunderts kommen
Kunststoffe in Mode wie Zelluloid
oder Galalith (Bakelit, obwohl oft genannt, ist in den seltensten Fällen verwendet
worden). Stäbe aller Materialien wurden bemalt, geschnitzt, ausgeschnitten,
skulptiert, vergoldet, lackiert. Im 17. Jahrhundert gab es Silber- und
Goldgestelle, die allerdings bald eingeschmolzen wurden, um Geld in die königlichen
Kassen zu bringen.
Achtung: Gebleichtes und
poliertes Bein schaut oft schöner aus als Elfenbein und wird auch als solches ausgegeben (meist
bona fide, da die Unterscheidung schwierig sein kann). Sicheres Merkmal eines
Beinfächers sind die winzigen Poren, in denen die Blutgefässe verlaufen sind
(und die meist dunkel vom Schmutz sind). Diese Poren gibt es bei Elfenbein nie.
Die Unterscheidung
zwischen Schildpatt und Kunststoff-Imitat ist da schon schwieriger und ohne invasive Methoden nicht mit Sicherheit feststellbar.
BLATT
Frühe Fächerblätter wurden aus
Haut angefertigt, extrem dünnes
Leder, das zum Bemalen präpariert wurde, z.B. «Vellum», das vom Kalb stammte. Die Bezeichnung «Schwanenhaut» war ursprünglich
vermutlich genau das: Haut von Schwänen, die in Italien für alle möglichen
Produkte verarbeitet wurde, darunter auch Fächerblätter. Siehe dazu den
überzeugenden Artikel von Anna Checcoli (auf Italienisch). Ausserhalb Italiens
wurde versucht, die Technik nachzuahmen, man verwendete dazu aber keine
Schwäne, sondern die Haut neugeborener Zicklein, blieb aber bei der
Bezeichnung. Auf English wird dafür der Ausdruck «chicken skin», Hühner- bzw.
Kükenhaut, verwendet. Papier ist der
ideale Untergrund zum Bemalen, in der 2. Hälfe des 18. Jahrhunderts wird Seide modern. Da sie zum Bemalen
präpariert wurde, führte dies oft dazu, dass die Seide bald an den Faltstellen brüchig
wurde. Auch Spitze wird Ende des 18. Jhdt.s kurz modern und kommt dann 100
Jahre später wieder in Mode. Federn, die wie Staubwedel an kostbaren Griffen
montiert waren, dienten im 15. und 16. Jahrhundert als Fächer und wurden mit
wenigen Ausnahmen erst wieder in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts modern.
Fächerblätter wurden bemalt,
bedruckt (in England bereits ab ca. 1725), mit Flitter und Pailletten verziert
(ebenfalls schon früh im 18. Jahrhundert; das glitzerte im Kerzenlicht wie
Gold). Anfang des 19. Jahrhunderts machten bemalte Fächer den nur mit
Pailletten geschmückten Platz, dann kamen die kleinen Briséfächer in Mode (um 1815 bis ca. 1830), und dann
lithographierte Fächerblätter mit romantischen Szenen. In der 2. Hälfte des 19.
Jhdts. gab es auch auf Fächern den Stilpluralismus. Sie wurden Europa-weit
immer grösser, bis sie um 1895 eine Spannweite von mehr als 65 cm erreichen
konnten (in Spanien gibt es dafür den Ausdruck «Pericón»). Um 1900 besann sich der Jugendstil auf zierlichere
Formen wie z.B. die Ballon-Form, wiederholte die kleinen pailletierten
Empire-Fächer (was oft zu Datierungschwierigkeiten führt) und bannte den
gesamten Kunstkanon der Art Nouveau auf Fächer. Daneben entstanden Werbefächer als farbenfrohe
Billigprodukte, oft von ausgewählten Künstlern entworfen, die sich bis 1930
hielten. Straussenfederfächer wurden
in saisonale Farben eingefärbt und nahmen in den 1920ger Jahren an Grösse zu,
bis zu 60 cm Höhe pro Feder.
Wo
hat man Fächer gekauft?
Nicht alle Fächermacher
hatten auch einen Detailladen. Sie belieferten Händler. Nur die grossen
Fächerfirmen wie Duvelleroy, Alexandre, Buissot, Kees in Paris, Gossens in
Brüssel, hatten eigene Geschäftslokale. Unter die Bezeichnung
“Galanteriewaren”, die auch Lederwaren wie Handschuhe, Kalender, Schirme, Visitekartenetuis
etc. vertrieben, fielen auch Fächer. Dies war der Fall der Fa. Gebrüder Rodeck
in Wien. In Spanien (z.B. Barcelona) wurden Fächer gemeinsam mit Sonnen- und
Regenschirmen vertrieben. Auch Kaufhäuser hatten Fächerkataloge im Programm,
abgesehen davon, dass sie selbst Werbefächer produzierten. Und billige Faschingsfächer
gab es in “Kotillion-Geschäften”, die auch Masken oder Kostümierungen zum
Verkauf anboten. Fächer wie der Rote-Kreuz-Fächer des 1. Weltkriegs wurde von
der “Buch- und Kunstdruckerei” Hermes im 17. Wiener Gemeindebezirk aufgelegt
(wie auf der Rückseite des Fächer zu lesen ist).
Wo
findet man alte Fächer heute?
Vor allem für
Werbefächer ist eBay eine gute Quelle, und da vor allem eBay Frankreich. Fächer
des 19. Jahrhunderts kann man schon mal auf Antikmärkten und Altwarengeschäften
finden. Da ist Belgien ein guter Platz. Fächer aus dem 18. Jahrhundert werden
seltener. Gute Qualität ist teuer (1000
EUR aufwärts), aber nicht ganz intakte Fächer aus der 2. Hälfte des 18.
Jahrhunderts, z.B. holländische mit biblischen Szenen, lassen sich schon um ein
paar Hundert Euro finden. Wer keine Ahnung von Kunst hat, sollte Auktionen
beobachten. In Paris gibt es 2 Mal jährlich von verschiedenen Auktionshäusern
Textil- und Fächerauktionen und da bekommt man ein Bild, welcher Preis für
Fächer gezahlt wird. Auch Händler (v.a. in Paris) haben sich auf Fächer
spezialisiert. Da muss man einfach herumschauen, welcher Fächer gefällt und ob
der Preis erträglich ist. Und eines nie vergessen: Handeln! Wer sofort den
verlangten Preis zahlt (egal wo) ist selbst schuld.
Was
kosteten Fächer um 1900? Was kosten sie heute?
Wenn man den
Katalog der Fächer von Duvelleroy um 1905 nimmt, z.B. die künstlerischen Fächer
auf Haut gemalt, so liest man: Von 100 bis 3000 France und darüber. Wohingegen
es Fächer mit Spitze (“Duchesse”) und Blumenmalerei bereits ab 75 Francs gab.
Art Nouveau Fächer gab es schon ab 12 Francs (lackiertes Holz) oder 40 Francs
(Horn). Ein Fächer wie der von Gendrot kostete etwa 140 Francs. Wenn man
bedenkt, dass das Jahresgehalt einer Gymnasiallehrerin um 1910 etwa 1800 Francs
betrug, das einer Volksschullehrerin etwa 1000, dann bekommt man schon einen Einblick
in den Luxus eines Fächers.
Heute sind
Fächer Sammelobjekte und daher reflektiert der Preis die “Sammelmode”, die von
Zeit und Ort abhängig ist und auch vom Thema oder Künstler: zum Beispiel sind
Ballon-Fächer (Aufstieg des ersten bemannten Ballons 1783) immer teuer, auch in
relativ schlechtem Zustand, da das Thema nicht nur von Fächersammlern verfolgt
wird, sondern auch von Ballon-Aficionados, Sammlern wissenschaftlicher
Artefakte etc. Spitzenfächer sind in Belgien viel teurer als z.B. in Auktionen
in Paris, ausser es handelt sich um ein besonderes Exemplar. Auf eBay kann man
recht schöne Spitzenfächer (Ende 19. Jhdt., meist Duchesse-Spitze) schon ab 150
EUR erstehen. Das Gestell spielt dabei eine Rolle: Perlmutter ist die beste
Qualität, gefolgt von Elfenbein.
Wo kann man mehr über Fächer erfahren?
Es gibt sozusagen "3.5" Organisationen, die sich auf Fächer spezialisieren:
Die deutschen Fächersammler - ein loser Zusammenschluss aller Interessierter, hat (noch) keine Webseite.
Alle Organisationen geben (sehr schöne und interessante) Publikationen heraus und treffen sich mindestens einmal im Jahr.