Monday, 20 June 2016

Der Weg zur Moderne auf Fächern (4) - Fotos und Video

Am 19. Juni 2016 veranstaltete das Parlament der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens eine Matinee zur Fächerausstellung, mit einem Vortrag von Margaretha Mazura und anschliessender Besichtigung der Ausstellung.
Die Willkommensrede hielt Parlamentspräsident Karl-Heinz Lambertz, hier auf dem Foto.

Ein kurzer Blick auf Matinee und Ausstellung/A glimpse on the matinee and exhibition:

"Ich habe das Potenzial von Fächern kennengelernt" - Karl-Heinz Lambertz in seiner Willkommensrede. ("I got to realise the potential of fans"- Karl-Heinz Lambertz in his opening speech, in German)

Aussschnitte aus dem Vortrag von Margaretha Mazura/Parts of the presentation held by Margaretha Mazura, in German


Wednesday, 15 June 2016

Der Weg zur Moderne auf Fächern (3) - Katalog

Um die Fächerausstellung "Entfaltete Zeit: 1900-1930 - der Weg zur Moderne auf Fächern" zu verewigen, aber auch, um Besuchern mehr Information zu bieten, habe ich einen Katalog zusammengestellt, wo die meisten Aussstellungsstücke abgebildet und beschrieben sind. Er ist auf Deutsch und Englisch, damit auch nicht-Deutschsprachige die Ausstellung sozusagen virtuell miterleben können.


The exhibition "Times unfolded:1900-1930 - the Path towards Modernism on Fans" is now complemented by a catalogue in German-English, so that non-germanophone visitors can at least enjoy a virtual exhibition. 

Viele Leute, die keine Ahnung von Fächern haben, wissen über ein Thema Bescheid: Die Fächersprache. Ich bin jedesmal überrascht, wie populär dieses Pseudo-Wissen ist. Denn eigentlich war es ein Marketing-Gag des Fächermacher Duvelleroy im 19. Jahrhundert, das ja viel Geschmack an romantischen Ideen fand. Ursprünglich gab es in Spanien ein Alphabet, das mit jedem dreidiemnsionalen Gegenstand "gesprochen" werden konnte, indem man das Alphabet in 5 Gruppen zu je 5 Buchstaben unterteilte, denen jeder 2 Fächerbewegungen entsprachen: eine für die Gruppe, die zweite für den Buchstaben. Geantwortet wurde z.B. mit einem Spazierstock. Dass es Fächerakademien gab, wie Addison 1711 im "Spectator" schrieb, ist Nonsens, sein Artikel pure Satire. Dass es aber gewisse Codes im 18. und 19. Jahrhundert gab, die dem Flirten mit dem Kokettierinstrument Fächer Vorschub leisteten, ist gut möglich. Hier ein kurzer Überblick über die Fächersprache, allerdings derzeit nur auf Englisch: 

The Language of the Fan 

I am always asked about the Language of the Fan, even by people that have no idea about fans. The popularity of this language - and anecdotes around it - is quite surprising. The leaflet gives some information about it (in English only). 
 

Friday, 10 June 2016

Der Weg zur Moderne auf Fächern (2) - FAQs

Schon bei den Ausstellungvorbereitungen wurde ich oft gefragt: Wo findet man Fächer? Aus welchem Material wurden sie hergestellt? Wer malte fächer, wer verkaufte sie?
Hier ist eine "FAQ" Liste ("frequently asked questions" oder "oft gefragte Fragen"), die ein wenig Einblick ins Fächer-Wissen geben soll:


Wer hat Fächer gemalt?
Im 18. Jahrhundert waren das vor allem Frauen. Die Fächer von Boucher und Watteau sind leider meist Fächer nach Boucher und Watteau. Die Frauen kopierten oder spezialisierten sich auf Personen, Blumen, Randornamente etc. Fächer wurden nicht signiert. Erst in der 2. Hälfte  des 19. Jahrhunderts beginnen sich Maler für das halbrunde Format zu interessieren. Fächer von Gauguin, Manet, BertheMorisot, Degas, Toulouse-Lautrec sind bekannt, später auch Georges de Feure, Kokoschka und Klimt (der Holzbriséfächer oft als Abschiedsgeschenk an Geliebte bemalte). Vor allem aber sind es Illustratoren und Modezeichner, die Anfang des 20. Jahrhunderts Fächer entwerfen: George Barbier, Paul Iribe, Georges Lepape, Bernard Boutet de Monvel, um nur einige zu nennen. Sie designten gleichzeitig Mode für die Pariser Couturiers (die dann in Modezeitschriften wie “Journal des Dames et de la Mode” in Luxus-Pochoir-Drucken verbreitet wurden), Schmuck, Theater-, Varieté- und Filmkostüme, Klaviernoten, Menükarten, oder sie entwarfen auch Möbel wie Iribe.

Wer hat Fächer hergestellt?
Am Anfang, das heisst, im 16. Jahrhundert, waren dies meist Ledererzeuger und Parfumeure, oft aus Italien. Der Grund dafür ist, dass Fächer des 17. Jhdts. oft aus Haut (Leder), das auch parfümiert war, erzeugt wurden. Catherina von Medici brachte sie nach Paris, wo sie 1673 von König Ludwig XIV. als Gilde der Fächermacher (“Eventaillistes”) eingetragen wurden. In London dekretierte Queen Anne die “Worshipful company of fan makers” die bis heute existiert. Fächermacher lassen das Blatt malen und setzen alle Teile zusammen. Die Stäbe wurden meist von Kunstschreinern ausgeführt, die in Frankreich im Oise-Tal ansässig waren. Durch die Aufhebung des Ediktes von Nantes wurden Protestanten in Frankreich (wieder) verfolgt. Viele Handwerker, darunter auch Fächermacher, flohen nach England oder Holland und bauten dort eine Fächerindustrie auf. In den Gebieten des heutigen Deutschland und der österreichischen Monarchie gab es im 18. Jhdt. nur vereinzelt “Waderlmacher” (von “Wedel”), in der 2. Hälfte des 19. Jhdts. entstanden Fächerproduktionen in Berlin, Dresden, und München, und vor allem in Wien (Schmuck-Fächer, Holzbriséfächer, Lederfächer). Im 19. Jahrhundert waren in Paris Duvelleroy und Alexandre die Hoflieferanten der Monarchen Europas.
Interessanterweise spielte die Fächerproduktion bis Ende des 19. Jahrhunderts in Spanien nur eine lokale Rolle. Prestigeträchtige Fächer wurden aus Paris importiert.
Werbefächer wurden oft von Druckereien hergestellt, wobei Frankreich an der Spitze lag: Der weitaus grösste Produzent von Werbefächern war “Chambrelent”; Federfächer wurden von Federschmückern hergestellt, wobei Gestelle oft von Kammmachern in Heimarbeit produziert wurden.

Welche Fächerarten gibt es? Wie heissen die einzelnen Teile? 

              




Aus welchem Material wurden (Falt)Fächer hergestellt ?
Man muss zwischen den Stäben (Gestell) und dem Blatt unterscheiden (obwohl es auch Fächer gibt, die nur aus Stäben bestehen, sog. Brisé-Fächer).
STÄBE
Traditionell wurde für europäische Stäbe Elfenbein und Schildpatt verwendet, bald auch das billigere Bein oder Holz (Obstbaumholz, später auch exotische Hölzer). In China und Japan wird fast ausschliesslich Bambus verwendet – ausser für Exportfächer, für die wieder Luxusmaterial verarbeitet wurde. Perlmutter wird im 18. Jahrhundert zunächst meist nur als Dekorationselement appliziert. Dann aber lernte man, die Stäbe zu einem Ganzen zu stückeln, sodass ganze Gestelle aus Perlmutter möglich wurden. Ab 1800 wurde auch Horn verwendet, das oft wie Schildpatt eingefärbt wurde, um das wertvollere Material vorzutäuschen. Ende des 19. Jahrhunderts kommen Kunststoffe in Mode wie Zelluloid oder Galalith (Bakelit, obwohl oft genannt, ist in den seltensten Fällen verwendet worden). Stäbe aller Materialien wurden bemalt, geschnitzt, ausgeschnitten, skulptiert, vergoldet, lackiert. Im 17. Jahrhundert gab es Silber- und Goldgestelle, die allerdings bald eingeschmolzen wurden, um Geld in die königlichen Kassen zu bringen.
Achtung: Gebleichtes und poliertes Bein schaut oft schöner aus als Elfenbein  und wird auch als solches ausgegeben (meist bona fide, da die Unterscheidung schwierig sein kann). Sicheres Merkmal eines Beinfächers sind die winzigen Poren, in denen die Blutgefässe verlaufen sind (und die meist dunkel vom Schmutz sind). Diese Poren gibt es bei Elfenbein nie.
Die Unterscheidung zwischen Schildpatt und Kunststoff-Imitat ist da schon schwieriger und ohne invasive Methoden nicht mit Sicherheit feststellbar.

BLATT
Frühe Fächerblätter wurden aus Haut angefertigt, extrem dünnes Leder, das zum Bemalen präpariert wurde, z.B. «Vellum», das vom Kalb stammte. Die Bezeichnung «Schwanenhaut» war ursprünglich vermutlich genau das: Haut von Schwänen, die in Italien für alle möglichen Produkte verarbeitet wurde, darunter auch Fächerblätter. Siehe dazu den überzeugenden Artikel von Anna Checcoli (auf Italienisch). Ausserhalb Italiens wurde versucht, die Technik nachzuahmen, man verwendete dazu aber keine Schwäne, sondern die Haut neugeborener Zicklein, blieb aber bei der Bezeichnung. Auf English wird dafür der Ausdruck «chicken skin», Hühner- bzw. Kükenhaut, verwendet. Papier ist der ideale Untergrund zum Bemalen, in der 2. Hälfe des 18. Jahrhunderts wird Seide modern. Da sie zum Bemalen präpariert wurde, führte dies oft dazu, dass die Seide bald an den Faltstellen brüchig wurde. Auch Spitze wird Ende des 18. Jhdt.s kurz modern und kommt dann 100 Jahre später wieder in Mode. Federn, die wie Staubwedel an kostbaren Griffen montiert waren, dienten im 15. und 16. Jahrhundert als Fächer und wurden mit wenigen Ausnahmen erst wieder in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts modern.
Fächerblätter wurden bemalt, bedruckt (in England bereits ab ca. 1725), mit Flitter und Pailletten verziert (ebenfalls schon früh im 18. Jahrhundert; das glitzerte im Kerzenlicht wie Gold). Anfang des 19. Jahrhunderts machten bemalte Fächer den nur mit Pailletten geschmückten Platz, dann kamen die kleinen Briséfächer in Mode (um 1815 bis ca. 1830), und dann lithographierte Fächerblätter mit romantischen Szenen. In der 2. Hälfte des 19. Jhdts. gab es auch auf Fächern den Stilpluralismus. Sie wurden Europa-weit immer grösser, bis sie um 1895 eine Spannweite von mehr als 65 cm erreichen konnten (in Spanien gibt es dafür den Ausdruck «Pericón»). Um 1900 besann sich der Jugendstil auf zierlichere Formen wie z.B. die Ballon-Form, wiederholte die kleinen pailletierten Empire-Fächer (was oft zu Datierungschwierigkeiten führt) und bannte den gesamten Kunstkanon der Art Nouveau auf Fächer. Daneben entstanden Werbefächer als farbenfrohe Billigprodukte, oft von ausgewählten Künstlern entworfen, die sich bis 1930 hielten. Straussenfederfächer wurden in saisonale Farben eingefärbt und nahmen in den 1920ger Jahren an Grösse zu, bis zu 60 cm Höhe pro Feder.


Wo hat man Fächer gekauft?
Nicht alle Fächermacher hatten auch einen Detailladen. Sie belieferten Händler. Nur die grossen Fächerfirmen wie Duvelleroy, Alexandre, Buissot, Kees in Paris, Gossens in Brüssel, hatten eigene Geschäftslokale. Unter die Bezeichnung “Galanteriewaren”, die auch Lederwaren wie Handschuhe, Kalender, Schirme, Visitekartenetuis etc. vertrieben, fielen auch Fächer. Dies war der Fall der Fa. Gebrüder Rodeck in Wien. In Spanien (z.B. Barcelona) wurden Fächer gemeinsam mit Sonnen- und Regenschirmen vertrieben. Auch Kaufhäuser hatten Fächerkataloge im Programm, abgesehen davon, dass sie selbst Werbefächer produzierten. Und billige Faschingsfächer gab es in “Kotillion-Geschäften”, die auch Masken oder Kostümierungen zum Verkauf anboten. Fächer wie der Rote-Kreuz-Fächer des 1. Weltkriegs wurde von der “Buch- und Kunstdruckerei” Hermes im 17. Wiener Gemeindebezirk aufgelegt (wie auf der Rückseite des Fächer zu lesen ist).

Wo findet man alte Fächer heute?
Vor allem für Werbefächer ist eBay eine gute Quelle, und da vor allem eBay Frankreich. Fächer des 19. Jahrhunderts kann man schon mal auf Antikmärkten und Altwarengeschäften finden. Da ist Belgien ein guter Platz. Fächer aus dem 18. Jahrhundert werden seltener.  Gute Qualität ist teuer (1000 EUR aufwärts), aber nicht ganz intakte Fächer aus der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts, z.B. holländische mit biblischen Szenen, lassen sich schon um ein paar Hundert Euro finden. Wer keine Ahnung von Kunst hat, sollte Auktionen beobachten. In Paris gibt es 2 Mal jährlich von verschiedenen Auktionshäusern Textil- und Fächerauktionen und da bekommt man ein Bild, welcher Preis für Fächer gezahlt wird. Auch Händler (v.a. in Paris) haben sich auf Fächer spezialisiert. Da muss man einfach herumschauen, welcher Fächer gefällt und ob der Preis erträglich ist. Und eines nie vergessen: Handeln! Wer sofort den verlangten Preis zahlt (egal wo) ist selbst schuld.

Was kosteten Fächer um 1900? Was kosten sie heute?
Wenn man den Katalog der Fächer von Duvelleroy um 1905 nimmt, z.B. die künstlerischen Fächer auf Haut gemalt, so liest man: Von 100 bis 3000 France und darüber. Wohingegen es Fächer mit Spitze (“Duchesse”) und Blumenmalerei bereits ab 75 Francs gab. Art Nouveau Fächer gab es schon ab 12 Francs (lackiertes Holz) oder 40 Francs (Horn). Ein Fächer wie der von Gendrot kostete etwa 140 Francs. Wenn man bedenkt, dass das Jahresgehalt einer Gymnasiallehrerin um 1910 etwa 1800 Francs betrug, das einer Volksschullehrerin etwa 1000, dann bekommt man schon einen Einblick in den Luxus eines Fächers.
Heute sind Fächer Sammelobjekte und daher reflektiert der Preis die “Sammelmode”, die von Zeit und Ort abhängig ist und auch vom Thema oder Künstler: zum Beispiel sind Ballon-Fächer (Aufstieg des ersten bemannten Ballons 1783) immer teuer, auch in relativ schlechtem Zustand, da das Thema nicht nur von Fächersammlern verfolgt wird, sondern auch von Ballon-Aficionados, Sammlern wissenschaftlicher Artefakte etc. Spitzenfächer sind in Belgien viel teurer als z.B. in Auktionen in Paris, ausser es handelt sich um ein besonderes Exemplar. Auf eBay kann man recht schöne Spitzenfächer (Ende 19. Jhdt., meist Duchesse-Spitze) schon ab 150 EUR erstehen. Das Gestell spielt dabei eine Rolle: Perlmutter ist die beste Qualität, gefolgt von Elfenbein. 

Wo kann man mehr über Fächer erfahren? 

Es gibt sozusagen "3.5" Organisationen, die sich auf Fächer spezialisieren: 
FCI - Fan Circle International in England mit internationaler Mitgliedschaft
Der Cercle d'éventail in Frankreich
Die deutschen Fächersammler - ein loser Zusammenschluss aller Interessierter, hat (noch) keine Webseite.
Alle Organisationen geben (sehr schöne  und interessante) Publikationen heraus und treffen sich mindestens einmal im Jahr. 

Es gibt auch das Fächermuseum in Bielefeld und das Fan Museum in Greenwich, UK. Beide organisieren themenorientierte Fächerausstellungen. 

Mehr Info auch von Margaretha Mazura (Mitglied aller Organisationen).


Friday, 3 June 2016

Der Weg zur Moderne auf Fächern




Entfaltete Zeit: 1900-1930 - der Weg zur Moderne auf Fächern ist der Titel der Ausstellung von Margaretha Mazura im Parlament der deutschsprachigen Gemeinschaft von Belgien, die vom 15. bis 23. Juni 2016 in Eupen (Belgien) stattfindet.

Ausgangspunkt der Ausstellung ist das Parlamentsgebäude, das von 1915-17 von der (deutschen)  Kaufmannsgesellschaft als Erholungsheim im Luftkurort Eupen errichtet wurde, also mitten im 1. Weltkrieg. Es feiert in den kommenden Jahren seinen 100. Geburtstag, je nachdem, ob man Baubeginn oder Bauende nimmt. 
Um die vergangene Jahrhundertwende begann sich das soziale Gefüge zu verändern. Nicht unähnlich den Veränderungen, die wir heute durch die digitale Revolution erleben, schufen vor 100 Jahren Industrialisierung und Technik ein völlig neues Lebens- und Arbeitsumfeld. “Schneller” und “effizienter” waren neue Paradigmen, die alle Gesellschaftsschichten einschlossen und alte Hierarchien zerbröselten. Die “neue Kunst” (Art Nouveau) nimmt fremde Stilelemente auf (Japonismus, “primitive” Kunst) und entlehnt einfache Formen dem Biedermeier. Vor allem aber setzt sie eine neue Zielgruppe in den Mittelpunkt: die Frau.

Die Ausstellung ist in 3 chronologischen Teilen in 11 Vitrinen konzipiert: 1900-1914, 1914-1918, 1918-1930. Die ausgestellten Fächer sind Originale aus der Zeit, aus der Sammlung von mm, ergänzt durch Fächer der HS Sammlung. 
Fächer der anlässlich der Ausstellung konzipiert wurde
Am Sonntag, dem 19. 6. findet eine Matinee mit einem Vortrag von Margaretha Mazura über die Ausstellung bei freiem Eintritt statt (11 Uhr, Eupen Parlament).
Mehr Information auf der Parlamentsseite.